· 

Mittsommer, Sommer-Sonnen-Wende

Was wir feiern können …

 

Mittsommer. Sommersonnenwende.

 

Die astronomische Sommer-Sonnen-Wende ist am Mittwoch, 21. Juni 2023, um 16:57 MESZ.

 

Mittsommer ist der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahreslaufes, die Sonne ist auf der Höhe ihrer Macht (auch astronomisch: heute erreicht sie ihren höchsten Punkt über dem Horizont) und es beginnt der Hoch-Sommer: die heißesten Tage liegen noch vor uns und das ist in dieser klimaveränderten Zeit eine echte Ansage. Nachdenkenswert, ob in unsere Rituale der Aspekt einfließen sollte, Sunna um Milde zu bitten, nicht mehr nur um Kraft&Segen. Zudem wird sei gut drei Jahren der Aspekt des Wassers in spirituellen Arbeiten und zu den Jahresfesten immer stärker, für mein Gefühl, auch um die ansteigende Sonnen-/ Feuerkraft zu balancieren.

 

SonnenWende“ heißt das Fest, weil die Tage ab dem folgenden Morgen schon wieder kürzer werden, da die Sonne sich (von der Erde aus gesehen) von ihrer höchsten Mittagsposition abzuwenden beginnt.

 

Ob dieser neu-heidnische Festtag in einem uralten Fest wurzelt oder in unseren Breitengraden eine moderne Erfindung ist, ist nicht unstrittig. Die einen verweisen darauf, dass in den nordischen Quellen nur drei Jahresfeste erwähnt werden und die Sommer-Sonnenwende gehört nicht dazu. Andererseits finden sich jedoch Bezüge zu den Sonnwendtagen z.B. auf der Himmelsscheibe von Nebra, die etwa 1600 v.d.Z. in der Bronzezeit entstand. Und in Goseck (Sachsen-Anhalt) kann man an kreisförmigen Bodenbauwerken sehen, dass bereits in der Jungsteinzeit (ca. 4800 v.d.Z.) die Sonnenwendtage von großer Bedeutung waren – zwei der drei Tore sind auf diese Tage ausgerichtet. Stonehenge, das nach aktuellem Forschungsstand noch älter ist, als die großen Pyramiden in Ägypten, weist mit seinen Steintoren im Zentrum der Anlage auf den Sonnenaufgang am Mittsommertag. Ich persönlich gehe davon aus, dass derart wichtige Tage mit Ritualen und Festen begangen wurden.

 

Bei unseren keltischen Geschwistern wird der Tag Litha, Summer Solstice, Alban Heruin und Eichenfest genannt und festlich begangen.

 

Auch ein christliches Fest verweist durch seine bloße Existenz auf mögliche ältere Feierlichkeiten: es kann als kalendarische Verschiebungen betrachtet werden, dass das Fest „Johanni“ bzw. „Johannestag“ am 24. Juni stattfindet; geweiht ist es Johannes dem Täufer. Und wie in vielen älteren Traditionen werden auch hier Kräuterbuschen gesammelt und gebunden und eben statt im Festkreis in der Kirche geweiht.

 

Je weiter nach Norden wir schauen, desto ausgelassener und bisweilen exzessiver wird die Sonnenwende gefeiert .. wo es lange Dunkel ist, ist der gute Kontakt zur Sonne - zur Göttin Sunna/Sol – umso wichtiger. In den nördlichsten Gefilden kann man gar beobachten, dass die Sonne an diesem Tag und den Tagen um die Sonnenwende herum überhaupt nicht untergeht. Da macht es Sinn, dass auch der Mittsommer, das Miðsumarsblót oder auch Þingblót unsere Ahn*innen ursprünglich der Höhepunkt einer längeren Festzeit war.

 

Mittsommer ist auf der Nordhalbkugel die Zeit der sich ankündigenden Fülle, der bevorstehenden Ernte, wir können den Lohn unserer Bemühungen schon sehen ... alles, was wir gesät haben wächst, das Korn ebenso wie die Gemüse und Kräuter, die Beeren, an den Bäumen beginnt das Reifen der Früchte, im Tierreich tummelt sich der Nachwuchs ... das Leben pulsiert um uns herum, strebt dem Höhepunkt von Werden&Vergehen zu. Mit diesem Fest tauchen wir mit allen Sinnen bewusst ins Hier und Jetzt ein, feiern den Kreislauf des Lebens: Alles was aufstrebt, wird auch wieder sinken, sei es die Sonne, die Kraft, unser eigenes Leben .. aufstreben, sinken und erneut erstehen! Bei vielen Festgemeinschaften ist das Fest/Blót nicht nur der Sunna gewidmet, sondern auch einem göttlichen Paar, das für Fruchtbarkeit und Reichtum steht. Für mich sind das zu Mittsommer die Wanengottheiten Freyja und Freyr.

 

Mancherorts haben sich noch wunderbare Rituale erhalten. So wird zum Beispiel in Tirol auf manchen Berghöfen noch das „Füttern der Elemente“ zur Sommersonnenwende praktiziert ... vom Festessen wird ein Teil in den nächstgelegenen Bach gegeben, ein Teil ins Feuer, ein Teil in der Erde vergraben und etwas Mehl wird in die Luft gestreut, so dass es der Wind davonträgt. Auch Blumenopfer gehören zum Ritus: In Skandinavien werden Blumengeschmückte Majstangen aufgestellt, um die getanzt wird und die Menschen tragen Blumenkränze auf dem Kopf. In Polen schmücken sich Mädchen und Frauen ebenfalls mit Blumenkränzen, die sie zur Nacht mit Gebeten und Kerzenlichtern dem Fluss übergeben. Auch bei uns wurden Kränze aus Margeriten geflochten, die zum Schutz vor Gewitter und Blitzschlag an die Haus- und Hoftüren gehängt wurden.

 

Lecker ist der Brauch, an diesem Abend Küchel von dreierlei, siebenerlei, ja sogar neunerlei "Fülle" zu backen, also Brennessel-, Salbei-, Holderküchel usw.. Je größer der Unterschied zwischen dem harten Winter und dem warmen Sommer, desto intensiver und aufwendiger wird bis heute dieser Tag gefeiert.

 

Der eigentliche und schönste Sonnwendbrauch ist wohl das Entzünden der Feuer, den sogenannten Sunnawend- oder Suwendfeuern, der Sonne zur Ehre und als Versprechen, sie in der kommenden Zeit nicht zu vergessen. Die Feuer wurden meist auf Berghängen oder anderen höher gelegenen Plätzen, im Norden auch auf Flößen auf dem Wasser, entzündet. Meist brannten sie die ganze Nacht hindurch, wurden im Sonnenlauf umtanzt, mit Blüten, Kräutern, Hölzern, Gewürzen und Früchten gefüttert und verliebte Paare sprangen gemeinsam über die Flammen, zum Segen für ihre Verbindung. Alleine zu springen (oder zu steigen, wir werden alle nicht jünger!) reinigt uns vom Ballast des Vergangenen und öffnet uns für die Fülle. Viele Tänzer*innen binden sich Sonnenwendgürtel aus Johanneskraut und/oder Beifuß um, während sie der Sonne und dem Leben huldigen, sie sollen schützen, heilen und befeuern.

 

In den letzten Jahren war es jedoch wegen der anhaltenden Trockenheit und der sich daraus ergebenden hohen Waldbrandgefahr nicht möglich, Sonnenwendfeuer zu entzünden. Zwar hat es gestern Nacht vielerorts geregnet, aber das waren vergleichsweise nur Tropfen auf einen sehr heißen Stein. Ich meine, wir müssen unsere Rituale der Zeit und den Gegebenheiten anpassen, darauf achten, was um uns herum in der Natur geschieht, statt am Leben vorbei zu feiern. Wie also könnte ein Sonnenwendfest ohne offenes Feuer aussehen? Was bedeutet die Veränderung für den Festablauf und -inhalt? Fragen, die wir zu unseren Geistern und Ahn*innen tragen können, wenn wir das Fest vorbereiten. Für meine Gruppen hat es sich bewährt, statt des Feuers ein Wassergefäß in der Mitte des Kreises aufzustellen und darin Schwimmkerzen zu entzünden.

Was sich nicht verändert hat, ist das Geschenk der Anderswelt, uns in der Mittsommernacht vorübergehend übernatürliche Kräfte erlangen zu lassen, so daß es uns gelingt, die Zukunft zu sehen oder in verborgene Klüfte der Erde zu schauen. Unsere Altvorderen wussten, daß in dieser Nacht "die Schätze blühen" und sich in dieser heiligen Nacht durch ein blaues Feuer bemerkbar machen.

Bemerkbar machen sich auch die Feen, Elfen und Gnome, die Hinze, Kunze und alles magische Volk im Diesseits und Jenseits. William Shakespeare wurde von der Stimmung dieses Tages und der Nacht zu seinem »Mittsommernachtstraum« inspiriert. Aber Vorsicht! Wer mit dem geheimen Volk, dem schönen Volk feiern will, der tut dies auf eigene Gefahr. Wunder können geschehen, aber auch Jahre und Jahrzehnte wie im Flug vergehen. In einigen Gegenden schützt man sich daher für den Fall eines zufälligen Kontaktes mit den Fae, indem man die Bekleidung mit der Innenseite nach außen gewendet trägt. Um die freundschaftlichen und die nachbarschaftlichen Beziehungen mit den Guten Geistern zu pflegen ist heute eine schöne Gelegenheit, indem wir ihnen besondere Dankes- und Opfergaben bereitstellen ... ihr Anteil an unseren Festtagsspeisen, Blumen und süßer Alkohol sind gerne gesehen.

 

Zu Mittsommer werden traditionell die magischen Kräuter zur Zubereitung von Heil-, Liebes- und Zaubertränken geerntet. In den Jahrtausenden des Umgangs mit Kräutern hat sich erwiesen, daß sich die Eigenschaften vieler Pflanzen in diese heiligen Tagen maximal entfalten; die moderne Schulmedizin hat das bestätigt. Vor allem dem zu Mittsommer geernteten Johanniskraut wird besondere Heilkraft zugeschrieben.

 

Neun-Kräuterbuschen werden gebunden, um damit Haus und Stall und seine Bewohner vor Krankheit und Unglück zu bewahren; sie werden auch auf die Dächer geworfen, um gegen Blitzschlag zu schützen (besonders tut sich da wieder die Donnerpflanze Johanneskraut hervor) und nebenbei sind sie natürlich eine hervorragende Hausapotheke! Viele Bauern im Süden stecken bis heute zu Mittsommer Arnika rund um ihre Felder, um diese vor Dämonen zu schützen.

 

Meine bevorzugte Variante des Kräuterbuschens:

 

Johanniskraut (Hypericum)

Beifuß (Artemisia)

Eisenkraut (Verbena offcinalis)

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Königskerze (Verbascum)

Wegwarte (Cichorium intybus)

Blutwurz (Tormentill)

Honigklee (Melilotus officinalis)

Rainfarn (Chrysanthemum vulgare)

 

Wie, was und wen Du auch immer feierst:

Ich wünsche Dir eine erfüllende Reise durch Tag&Nacht.

Alle guten Geister mit Dir!

Wir sehen uns im Kreis!

Dein Urs Bärenkräfte